Keine andere Epoche der deutschen Geschichte erlebt eine derart vielfältige Medienlandschaft wie die Weimarer Republik. Leitmedien bleiben die Zeitungen, die an jeder Ecke angeboten werden. Dazu kommt nun das Radio, das sich rasant verbreitet und das Lebensgefühl vieler Deutscher revolutioniert. Der Film - der seit Anfang der 1930er Jahre auch sprechen kann - lockt Millionen in die Kinos.
…bleibt in den 1920er Jahren das Setzen von Zeitungsseiten. Im Handsatzraum der Kölnischen Zeitung setzen zahlreiche Mitarbeiter_innen jede Seite per Hand. Neben der Frankfurter Zeitung gehört das Kölner Traditionsblatt zu den bedeutendsten und einflussreichsten Tageszeitungen Deutschlands. In den Jahren der Weimarer Republik erscheinen etwa 3.500 Blätter - einige davon mehrmals am Tag.
Die Weimarer Republik ist auch die goldene Zeit der Illustrierten. In Reportagen vermitteln sie den Menschen erstmals buchstäblich ein Bild von der weiten Welt, von den Reichen und Schönen. Ermöglicht wird der Erfolg durch die bessere technische Reproduzierbarkeit von Fotos, die dadurch immer mehr Raum einnehmen. Ein Beispiel für den neuen erfolgreichen Zeitschriftentyp ist die Illustrierte Kölnische Zeitung, die sich ab 1926 mit einer Auflage von wöchentlich 400.000 Exemplaren etabliert.
Die Zeitungslandschaft in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg ist noch stark parteipolitisch geprägt. Allein die katholische Zentrumspartei publiziert stolze 434 Blätter (davon 134 in Rheinland-Westfalen) mit einer Gesamtauflage von drei Millionen Exemplaren. Die Kölnische Volkszeitung gehört zu ihren wichtigsten Tageszeitungen - hier das Titelblatt einer Sonderausgabe vom 18. April 1927 zum Umzug der Zeitung in das Görreshaus in Köln.
Die in Essen erscheinende konservativ-national ausgerichtete Rheinisch-Westfälische Zeitung gilt als wichtigstes Sprachrohr der westdeutschen Wirtschaft. Als Besitzer und Herausgeber prägt der Journalist Theodor Reismann-Grone (1863-1949), Mitbegründer des antisemitischen Alldeutschen Verbandes, dieses Meinungsblatt. 1930 tritt er der NSDAP bei und wird 1933 für vier Jahre Oberbürgermeister von Essen.
Sie begründet Kölns Ruf als Medienmetropole Deutschlands bis heute: 1928 gastiert in der Domstadt die als "Weltausstellung der Presse" gefeierte Messe PRESSA. Fünf Millionen Besucher_innen kommen binnen sechs Monaten, um sich die Ausstellung zur enormen Vielfalt der Medien anzuschauen. 1.500 Aussteller_innen aus 43 Nationen sind vertreten - selbstverständlich wird die PRESSA auch international beworben - wie hier auf einem Werbeplakat für den französischsprachigen Raum.
Erste Schritte eines neuen Mediums: Der Rundfunk begeistert die Menschen in der Weimarer Republik, bietet er doch ein ganz neues (Mit-) Erleben entfernter Ereignisse. In seinen Anfangsjahren bleibt das Radiohören jedoch eine aufwendige Angelegenheit: Radiowellen können nur durch einen schwer bedienbaren Detektor empfangen werden.
Dennoch startet der Rundfunk seinen Siegeszug: Die Zahl der Haushalte mit Radiogeräten steigt binnen fünf Jahren von 125.000 (1926) auf 807.000 (1931). Die Zahl der Hörer_innen ist jedoch mindestens viermal so hoch, da Radio meist mit der gesamten Familie, mit Freund_innen oder Nachbar_innen gehört wird. Wie diese Dortmunder Familie 1927 versammelt man sich zu den noch wenigen Sendungen vor den Detektorgeräten.
Wie heute ist der Rundfunk auch in seiner Anfangsphase über regionale Sendegesellschaften organisiert. Aufgrund der alliierten Besatzung beginnt das Radiozeitalter im Westen erst relativ spät. Am 10. Oktober 1924 nimmt hier die Westdeutsche Funkstunde AG (WEFAG) zunächst in Münster den Sendebetrieb auf. Jeden Abend beendet der Sender sein Programm mit einem Vierzeiler, der an die besetzten Gebiete gerichtet ist: "Den Rundfunk alle Menschheit hört, / Nur deutschen Brüdern ist er noch verwehrt! / Sie sollen nicht länger entrechtet sein! / Funk frei für die Brüder an Ruhr und Rhein"
Nach dem Abzug der Alliierten verlagert der Rundfunk im Westen seinen Sitz nach Köln. Künstlerischer Leiter der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG), vergleichbar mit einem heutigen Intendanten, wird Ernst Hardt (1876-1945, hier im Jahr 1927). Hardt hat sich zuvor als erfolgreicher Schriftsteller und Theaterintendant einen Namen gemacht; für den Rundfunk inszeniert er erfolgreich Hörspiele.
Der Jubel ist groß, als die britischen Truppen 1926 aus dem besetzten Köln abziehen. Die Westdeutsche Funkstunde berichtet am Vorabend der offiziellen Befreiungsfeier am 31. Januar live aus dem Kölner Dom. Die Feststunde wird mit viel Pathos begangen und ist die erste reichsweite Rundfunkübertragung überhaupt. "Das wollen wir dem Rundfunk nicht vergessen", heißt es im nationalen Überschwang auf dem Plakat.
Für eine Live-Reportage aus dem Kölner Zoo schickt der Westdeutsche Rundfunk 1929 seinen ersten Ü-Wagen. Die Rundfunkchefs scheuen weder Kosten noch Mühen, um mit modernster Technik aktuell zu berichten. Aus der WEFAG entsteht 1926 die Westdeutsche Rundfunk AG mit Sitz in Köln. Über den extrem starken Mittelwellensender Langenberg kann die WEFAG seit 1927 ihre Programme von Köln aus bis in die USA und nach Australien ausstrahlen.
Das Westfalenderby zwischen Preußen Münster und Arminia Bielefeld am 1. November 1925 wird zu einem Meilenstein in der Mediengeschichte: Es ist das erste live im Radio übertragene Fußballspiel überhaupt! Ab 1926 sendet der Westdeutsche Rundfunk bereits neun Stunden täglich, bis 1931 wächst die Sendedauer auf 15 Stunden am Tag. Auf dem Programm stehen vor allem klassische Musik und Bildungsprogramme, zunehmend aber auch Sportübertragungen. Apropos: Das Derby 1925 gewann Bielefeld auswärts klar mit 5:0.
Auch der Film erlebt in der Weimarer Republik seinen großen Durchbruch. Die alliierte Besatzung verhindert jedoch, dass sich in Köln eine ähnlich starke Filmindustrie entwickeln kann wie in der Hauptstadt Berlin. Die wenigen Produktionsfirmen am Rhein beschränken sich bis Ende der 1920er Jahre auf regionale Themen. Unter dem Motto "Wein, Weib und Gesang" werden in eher seichten Produktionen Naturidylle und Frohsinn thematisiert. Dabei entstehen damals so populäre Streifen wie Ein rheinisches Mädchen bei rheinischem Wein (1927) oder Das Rheinlandmädel - Eine Liebeskomödie aus dem Studentenmilieu (1930).
Zwar entstehen die großen deutschen Filmklassiker dieser Zeit andernorts, doch werden Westfalen und Lippe nach 1918 zur Kulisse für Kinofilme. 1924 kommt der Streifen Die Hermannschlacht auf die Leinwand. Der am - vermeintlichen - Originalschauplatz bei Detmold gedrehte Film behandelt die Schlacht im Teutoburger Wald im Jahre 9 n. Chr. Er verklärt den Cheruskerfürsten Arminius alias Hermann zum Gründungsvater der deutschen Nation.
Deutschlands blühende Filmindustrie und die importierten Kinostreifen aus Hollywood brauchen immer größere Aufführungsstätten. In der Weimarer Republik prunken die Lichtspielhäuser mit großartigen Kinosälen wie zum Beispiel im Kölner Emelka-Theater im Hansahochhaus mit seinen 1.200 Sitzplätzen.
Selbsternannte Jugendschützer_innen stehen dem Siegeszug des Kinos äußerst kritisch gegenüber. Sie fürchten schwerste Schäden für die heranwachsende Generation. Der Volksschullehrer Heinrich Kautz aus der Zechengemeinde Hamborn bei Duisburg wettert 1926 in seinem Buch Im Schatten der Schlote. Versuche zur Seelenkunde der Industriejugend: "Das Kinofieber, die neuzeitliche Seelenmalaria, herrscht am grausigsten in der Industriemenschheit. Sie […] ist an das Kino verraten und verkauft. […] Es ist ja nicht Bildungshunger, Bildungsbedürfnis, was das Industrievolk immer und immer wieder in die dumpfen, dunklen Tempel treibt, sondern nur die Leidenschaft, ja die Wollust des Filmgenusses."
Nicht alle sehen den Film derart kritisch. Lehrer_innen entdecken ihn auch als Medium der Veranschaulichung im Unterricht. Mit der Erfindung des 16mm-Sicherheits-Films – einer wichtigen technischen Innovation – hält der (Lehr-)Film Einzug in die Schulen. Für Nachschub an zeitgemäßen Filmen und Diaserien sorgen öffentliche Bildstellen, so etwa die 1928 gegründete Landesbildstelle Westfalen in Münster.