Weimar im Westen: Republik der Gegensätze

YORICK FASTENRATH UND MAIKE SCHMIDT

Yorick Fastenrath ist studentischer Mitarbeiter, Maike Schmidt Historikerin und wissenschaftliche Volontärin beim LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Bonn:

 

Herr Fastenrath und Frau Schmidt, was waren Ihre Aufgaben bei der Konzeption der Ausstellung „Weimar im Westen“?

MS: Yorick und ich stellen die Bildredaktion. Das heißt, wir haben historisches Fotomaterial aus dem Rheinland, das für die Themen der Ausstellung interessant war, recherchiert, in Teilen auch digitalisiert und die Bildrechte geklärt, sofern es für die Ausstellung in Frage kam. Die Recherche war nicht immer leicht, da wir uns auf eine Epoche konzentriert haben, die in dieser Breite im Grunde weder für Westfalen noch für das Rheinland vollständig durchleuchtet ist. Zu Berlin finden sich gerade aus den Bereichen Politik und Kultur massenhaft Bildzeugnisse, die Historikerinnen und Historikern heute gut bekannt sind. Für das Rheinland muss man zum Teil etwas tiefer graben. Gut dokumentiert sind Schlüsselereignisse, die zu den dunklen Kapiteln der Weimarer Zeit im Westen gehören, etwa der Ruhrkampf, die Ruhrbesetzung und der rheinische Separatismus, aber auch die Befreiungs- und Jahrtausendfeiern. Da ließ sich auch dank dichter landeshistorischer Vorarbeit schnell ein beachtlicher Fundus an Fotos zusammenstellen, die die verschiedenen kommunalen und Landesarchive freigegeben haben.

YF: Durch die sehr aktive Photographie in der Zeit haben wir auch herausragende Zeugnisse von innovativen Bauwerken im Rheinland, etwa der Kirche St. Engelbert in Riehl. Schwierig wurde es bei der Überlieferung konkreter Alltagssituationen der im Rheinland lebenden Menschen, sei es beim Thema Wohnen, Arbeiten oder beim Sport. Mithilfe unserer Fachhistoriker am Institut konnten wir dennoch bislang ungesehenes Material ausmachen. Wir hatten viele, regional verankerte und teils sogar private Bildgeber, um nur den SC Colonia 06, die Ford-Werke GmbH oder den Aachen-Laurensberger Rennverein e.V. zu nennen, die uns freundlicherweise Bildmaterial aus ihren Archiven zur Verfügung gestellt haben, das in einzelnen Fällen sogar noch unveröffentlicht war.

 

Warum ist das Thema „Weimarer Republik in Rheinland und Westfalen“ für die Institution, an der Sie arbeiten, wichtig?

MS: Weimar wird die Menschen 2019 mehr als zuvor bewegen. „Weimarer Verhältnisse“ sind ja schon in den vergangenen Jahren ein Schlüsselthema in der deutschen Berichterstattung gewesen. Wir sind ein Institut, das sich aktuellen Fragestellungen stellt und zu gesellschaftlichen Debatten beiträgt, auch und vor allem im wissenschaftlichen Sinn. Dazu zählt auch, die Menschen hier in NRW mit einem umfänglichen historischen Bildungsangebot zu informieren. Vor allem kann es nur in unserem Interesse sein, dass die Geschichte des Rheinlands und speziell auch die turbulente Zeit der Weimarer Republik wieder eine größere Rolle in den Lehrplänen spielt.

 

Was ist Ihr Lieblingsbild in der Ausstellung und warum?

YF: Mir würden auf Anhieb viele verschiedene Highlights einfallen, die ich alle an dieser Stelle nennen könnte, so die streikenden „Kumpel“, das Kölner Boxer-„Dreigestirn“ oder die Bilder und Plakate der Pressa. Für mich stach dabei aber das Bild von den Befreiungsfeiern vor dem Kölner Dom heraus. Die nächtlich beleuchtete Domplatte mit all den tausend Menschen, die ihre neu erlangte Freiheit begrüßen, kann ein Gefühl dafür vermitteln, was es den Menschen bedeutete, dass nun die Besatzung aufgehoben wurde. Die Besatzung war unmittelbar mit dem großen Krieg verbunden, der nun für die Menschen im besetzten Köln nach weiteren sieben Jahren ein zweites Mal endete.

Fotograf: Willy Römer Montage des Fotografen. Aufnahmedatum: 30.01.1926 Aufnahmeort: Köln Inventar-Nr.: WR_ON0120 Systematik: Kulturgeschichte / Fotografen / Archiv Willy Römer Werbliche Nutzung nur nach Rücksprache!

 

MS: Nie vergessen werde ich das Bild der Kölner Tennisspielerin Cilly Aussem bei Wimbledon 1931 im deutsch-deutschen Finale. Es ist ein frühes Zeugnis für die ernstgenommene Profisportlerin, die im Fokus der internationalen Berichterstattung steht, die Steffi Graf der 20er und 30er Jahre, freilich unter den medialen Bedingungen der Zeit.

Die deutsche Tennisspielerin Cilly Aussem und ihre Gegnerin Hilde Krahwinkel-Sperling im Final von Wimbledon/London. 3.7.1931. Photographie.