Weimar im Westen: Republik der Gegensätze

MALTE THIEßEN

Malte Thießen ist Historiker und Leiter des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte.

 

Herr Thießen, was war Ihre Aufgabe bei der Konzeption der Ausstellung „Weimar im Westen“?

MT: Im Grunde alles und nichts, d.h. organisieren, koordinieren, mitkonzipieren, vor allem aber: den tatkräftigen Kolleg*innen den Rücken frei halten, damit diese die Ausstellung erarbeiten konnten. Den Auftrag zur Erarbeitung der Ausstellung erhielt unser Institut wenige Tage nach meinem Dienstantritt als Institutsleiter im Frühjahr 2017. Insofern war das Arbeiten an der Ausstellung zugleich ein Kennenlernen meines Arbeitsumfeldes.

 

Warum ist das Thema „Weimarer Republik in Rheinland und Westfalen“ für die Institution, an der Sie arbeiten, wichtig?

MT: Ausstellungen sind ein Weg aus dem Elfenbeinturm. Unser Institut betreibt in erster Linie Grundlagenforschung, hat aber zugleich das Ziel, in die breite Öffentlichkeit zu gehen. Bei zeitgeschichtlichen Themen ist dieses Ziel besonders wichtig: Wir möchten Debatten anstoßen, Debatten versachlichen und zu einem differenzierten Blick auf Geschichte und Gegenwart beitragen. Und dafür benötigen wir immer auch eine ebenso niedrigschwellige wie spannende Vermittlung.

 

Was ist Ihr Lieblingsbild in der Ausstellung und warum?

MT: Mein absolutes Lieblingsbild der Ausstellung ist das „Mädchen mit Ziege“. Mit dieser Aufnahme aus dem Ruhrgebiet hat der Fotograf Erich Grisar für das Nebeneinander von Hochindustrie und Landwirtschaft, ja für die „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ eine Ikone geschaffen. Nicht nur wird in dem Kontrast von Industrie und Landwirtschaft die „Republik der Gegensätze“, also das Leitmotiv unserer Ausstellung sichtbar. Darüber hinaus zeigt das Foto die Alltäglichkeit dieses Nebeneinanders. Während wir heute über gesellschaftliche Spannungen und Spaltungen diskutieren, war für viele Zeitgenossen die Ungleichzeitigkeit das ganz normale Leben.