Weimar im Westen: Republik der Gegensätze

Georg Mölich

Georg Mölich ist Historiker im LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn und übernahm die Projektleitung für den rheinischen Teil des Gesamtprojektes.

 

Herr Mölich, was war Ihre Aufgabe bei der Konzeption der Ausstellung „Weimar im Westen“?

GM: Zunächst galt es - neben der Schaffung der organisatorischen Rahmenbedingungen - die grundsätzliche Herangehensweise an das Thema „Weimar im Westen“ zu diskutieren und festzulegen. Das geschah in enger und ertragreicher inhaltlicher Abstimmung mit den Kolleginnen und Kollegen im LWL. Besonders die Spezifika des rheinischen Raumes wie etwa die Besatzungssituation, die separatistischen Bestrebungen oder die kulturelle Moderne in den rheinischen Großstädten waren dabei einzubringen, um ein kohärentes historisches Bild des „Westens“ insgesamt zu entwickeln.

 

Warum ist das Thema „Weimarer Republik in Rheinland und Westfalen“ für die Institution, an der Sie arbeiten, wichtig?

GM: Besonders die Sonderrolle des Rheinlandes in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg erbrachte eine enorme Verstärkung der auf das Rheinland als Geschichtsraum bezogenen Aktivitäten. Die „Jahrtausendfeiern“ der Rheinprovinz im Jahre 1925 dürfen dabei als ein quantitativer und qualitativer Höhepunkt dieser Entwicklung angesprochen werden. Viele der Assoziationen, die heute mit dem Begriff „Rheinland“ oder „rheinisch“ verbunden werden, haben ihre Wurzeln in diesen 1920er Jahren, auch wenn das nicht mehr jedem so klar ist. Wenn sich das LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte mit dieser Inkubationsphase in der Weimarer Zeit beschäftigt, so ist dies auch eine wesentliche historische Rückversicherung für die vielfältigen heutigen Aktivitäten des Instituts, die sich mit Alltagskultur im Rheinland in ganz verschiedenen Ausdruckformen beschäftigen.

 

Was ist Ihr Lieblingsbild in der Ausstellung und warum?

GM: Am 1. Februar 1926 verließen die britischen Soldaten Köln und die Kölner Besatzungszone, die sie seit 1919 kontrolliert hatten. Die bedeutendste Befreiungsfeier fand mit einer pathetischen Ansprache Konrad Adenauers in Köln in der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar 1926 statt. Die gesamte Veranstaltung wurde live im Rundfunk über fast alle damals bestehenden deutschen Regionalsender übertragen - diese Sendung gilt als erste reichsweite Liveübertragung in Deutschland überhaupt - mit etwa 2-3 Millionen Hörerinnen und Hörern!  Zur Erinnerung an diese Übertragung schuf der Maler Otto Antoine ein Ölgemälde, das als Vorlage für ein Plakat und für Postkarten genutzt wurde, um damit für das Medium Rundfunk zu werben. Die Radiowellen gehen vom nächtlichen Kölner Dom aus und verleihen diesem damit eine Art Aureole - und als Appell wird formuliert: „Das wollen wir dem Rundfunk nicht vergessen“. Das Plakat symbolisiert damit auch die im Titel der Ausstellung benannte „Republik der Gegensätze“: einerseits der gotische Dom als altes christliches wie nationales Symbol - und andererseits die Medienrevolution durch den Rundfunk, der seinen Siegeszug antritt.