Migration und Flucht - das vieldiskutierte Thema unserer Tage kennen die Menschen an Rhein und Ruhr schon lange. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wird das Ruhrgebiet zu einem Schmelztiegel für Arbeitsmigrant_innen aus halb Europa. Ihre Nachkommen arbeiten in der Weimarer Republik häufig im Bergbau. Aber auch in der Landwirtschaft des Westens sind zunehmend Migrant_innen tätig.
Der rasante wirtschaftliche Aufschwung im Ruhrgebiet zieht seit Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr Arbeitskräfte an. Um den Bedarf zu decken, werben Unternehmen sie häufig aus Polen und den preußischen Ostprovinzen an. Nicht zufällig sind noch heute viele Dombrowskis, Koslowskis oder Schimanskis in den Telefonbüchern zu finden. Doch anfangs werden die abschätzig als "Ruhrpolen" bezeichneten Neuankömmlinge häufig mit fremdenfeindlichen Vorurteilen konfrontiert. In eigenen Vereinen, wie hier der Polnischen Jugendvereinigung in Bochum 1922, schließen sie sich zusammen - nicht zuletzt, um sich ihrer Wurzeln zu vergewissern.
Schon in der Weimarer Republik ist Schalke 04 ein bunter Verein. Viele Zugewanderte kicken in den Reihen der Gelsenkirchener um Punkte und Pokale. Bis heute jedem Königsblauen ein Begriff: Der "Schalker Kreisel", dessen Dreh- und Angelpunkt Ernst Kuzorra (1905-1990) zusammen mit seinem Schwager Fritz Szepan (1907-1974) ist. Hier steigt Kuzorra, der Sohn eines masurischen Bergarbeiters, im Halbfinale der Westdeutschen Meisterschaft zum Kopfball hoch. Gegner an jenem 24. April 1932 in Duisburg ist der Meidericher SV, den die Schalker 5:1 besiegen. S04 holt später auch die Westdeutsche Meisterschaft, Deutscher Meister 1932 aber wird - zum allerersten Mal - der FC Bayern München.
Auf westfälischen Pferdemärkten, wie hier in Crange bei Herne, gehören in den 1920er Jahren Sinti und Roma seit Jahrzehnten als Verkäufer dazu. Dennoch lösen sie bei den Alteingesessenen neben einer Faszination für das "Exotische" vor allem Vorurteile und Ressentiments aus. Allein schon das fremdartige Aussehen, die unverständliche Sprache, vor allem aber die umherziehende Lebensweise machen sie in den Augen vieler Zeitgenoss_innen suspekt.
Nicht nur als nicht-deutsch angesehene "Fremde" wie "Zigeuner_innen" haben in den 1920er Jahren einen schweren Stand. Auch aus Deutschland stammende fahrende Händler wie dieser Korbverkäufer in Dortmund erscheinen den Einheimischen in Stadt und Land als Nicht- Dazugehörige, die es möglichst schnell abzuwimmeln gilt. Hausierer, Zirkusleute und umherziehende Handwerker haben einen ähnlich schlechten Leumund.